Mittwoch, 27. April 2022

Die Praxis des Dharma

 Die Praxis des Dharma

 Benutzen wir den Dharma, um egoistische Motive und nur unser eigenes Wohl zu verwirklichen, wird uns diese letztlich Leiden bringen. Dies ist vergleichbar einem goldenen Seil, das uns die Hände bindet. Da das Seil aus Gold ist, mögen wir denken, es sei eine bessere Art, Hände zu fesseln. Doch gleichgültig, ob diese Fessel aus Gold oder einem anderen Material besteht, sie verhindert, dass wir uns frei bewegen, und verursacht letzten Endes Leid. Deshalb sollten wir in unserem Geist stets Mitgefühl erwecken und mit altruistischer Ausrichtung praktizieren. 

Das tibetische Wort "nyam len", das häufig mit Praxis übersetzt wird, bedeutet etwas in den eigenen Erfahrungsbereich einbeziehen und zwar im Sinne von genau "jetzt". Worum es - mit anderen Worten - geht, ist wahrzunehmen, was genau in diesem Augenblick geschieht, also den Geist immer jetzt zu beobachten und mit unserem Bewusstsein in genau diesem Moment zu arbeiten und zu praktizieren.

Den Dharma anzuwenden, heißt folglich, unseren Geist in eine positive Richtung zu wenden, es bedeutet aber nicht, unbedingt Buddhist sein zu müssen. Vielmehr beinhaltete dei praxis, eine natürlich positive haltung zu gewinnen sowie mit klarer Ausrichtung, reinem Geist und reiner Motivation zu handeln. Und dies können wirin allen Lebenssituationen und Lebensphasen, beginnend mit der Kindheit, während unserer Schul- und Ausbildungszeit und später im Arbeitsleben.

Dharma bedeutet also, ein konstruktives, gutes Verhalten zu kultivieren, das auf einer reinen Motivation gründet.

Dharma-Weg meint demnach nicht, lediglich bestimmte Meditationspraktiken auszuüben oder in einem Tempel Rituale mit Glocke und Vajra oder kleinen Trommeln auszuführen und Mantras zu rezitieren. Rituale allein begründen noch keine Dharma-Praxis. 

Wenn wir zwei Stunden am Tag meditieren und mit dem Gedanken beten "Möge ich und alle Wesen Glück erfahren", jedoch nicht fähig sind, den Dharma in unser eigentliches Leben zu integrieren, ist dies keine Praxis, und wir sind noch keine wirklich Praktizierenden. Es ist, als ob wir beteten: Ich möchte ein Auto. Ich wünschte, ich hätte ein Haus!" So angestrengt wir auch beten mögen, dies allein schafft die Dinge nicht herbei und schenkt uns kein wahres Glück.

Wirklicher Dharma findet im alltäglichen Leben statt, wenn wir unsere Praxis in die täglichen Verrichtungen integrieren und bei unserer Arbeit anwenden - nicht nur, wenn wir einen Tempel oder ein buddhistsiches Zentrum besuchen. Sind wir beispielsweise Angestellte in einem Büro, haben wir die Wahl, mit welcher Einstellung wir unseren Job verrichten. Für uns selbst und andere wäre esam besten, wir würden eine aufrichtige, positive Motivation gegenüber der Firma und allen dort Arbeitenden entwickeln und danach streben, mit dem, was wir tun, anderen zu nützen. Ist zum Beispiel das Geldverdienen nicht unsere einzige Motivation, praktizieren wir bereits eine Form vonFreigebigkeit. Es bieten sich außerdem vielfältige Möglichkeiten, uns in Geduld zu üben, indem wir versuchen, uns nicht so schnell über andere Kollegen zu ärgern. Und wenn Mitarbeiter befördert werden oder eine Gehaltserhöhung erhalten, können wir statt eifersüchtig zu reagieren, uns für sie freuen. Neid wirk extrem zerstörerisch auf unser psychisches Wohl und raubt das innere Gleichgewicht. Den Dharma also direkt und mittels unserer negativen Emotionen zu praktizieren, als sich die Abbgeschiedenheit zurückzuziehen, um zu meditieren.

Was wir also mithilfe der Dharma-Praxis verändern, ist unser Verhalten von Körper, Sprache und Geist. Von diesen dreien jedoch ist die Veränderung des geistes die wichtigste. Wir müssen unsere eigenen Geist erforschen und erkennen, wie er funktioniert. Dabei sollten wir uns nicht allein auf bestimmte Texte und Bücher stützen oder buddhistisch-philosophische Abhandlungen lernen. Im Kern geht es einzig darum, das wir anfangen, uns selbst zu beobachten, damit wir sehen lernen, wie sich unser Geist verhält und welche unterschiedlichen Stadien er durchluft. Wir müssen uns bewusst werden, wi Ärger, Anhaftung oder Ignoranz entstehen und welche Auswirkungen unsere Emotionen auf uns und andere haben. Gleichzeitig sollten wir betrachten, wie ositive Geisteshaltungen entstehen und sich auf uns und andere auswirken. Das ichtigste bei aledem ist, dass wir aus eigener Anschauung und den eigenen Erfahrungen lernen.

Alles Leiden entsteht durch Anhaftung an ein Selbst und die Konzentration auf das eigenen Wohl, Glück und Wohlbefinden hingegen entstehen, wenn wir uns dem Wohl anderer zuwenden - das ist die Essenz der Lehren Buddhas. Doch wie kommt es, dass Anhaften an das "Ich" zu Leiden führt? Es beginnt, indem wir uns von anderen abgrenzen, uns mit einem "Ich" identifizieren und daran festhalten. Ausgehend von diesem "Ich" folgt als nächster Schritt, diese Identifizierung auch auf Menschen auszudehnen, die uns nahestehen: "Diese sind meine Familie und meine Freunde, diese Menschen gehören zu mir" - woraus zahllose weitere Anhaftungen entstehen. Parallel dazu entwickeln wir ablehnende Gefühle denen gegenüber, die uns scheinbar feindlich gesinnt sind. Und schließlich gibt es diejenigen, denen gegenüber wir indifferent oder gleichgültig empfinden. Alle diese Gefühlstadien erzeugen aber in letzter Konsequenz Leid. Sämtlcie Konflikte in und zwischen Familien, Gesellschaften und Nationen resultieren letztlich aus Anhaftung und Ablehnung.

Das Anhaftenan unser Selbst und der Wunsch, es möge uns besser gehen als den anderen, führt also zu den vielschichtigen Problemen unserer unterschiedlichen Beziehungen wie auch zwischen den Völkern der Erde und ist die Ursache all unserer Konflikte und Kriege. Viele Menschen denken: "Hauptsache, mir geht es gut, wenn es anderen schlecht geht, ist das ihr Problem." Zuweilen wünschen wir gar, dass es anderen schlechter gehen möge als uns. Diese nur auf das eigene Wohl bedachte Einstellung finden wir auch stark im Bereich der Wirtschaft und der sogenannten Geschäftsbeziehungen. Dort git es als völlig selbstverständlich, primär auf den eigenen Profit zu achten. Unter solchen Bedingungen geschieht häufig, dass unsere positiven Beziehungen zu Menschen, die auf Liebe, Mitgefühl und Verbundenheit gründen, aus Mangel an Zeit allmählich schwinden. Man glaubt zunehmend, keine Zeit mehr zu finden, diese menschen zu sehen. So verschieben sich die Prioritäten, und man verbringt schließlich mehr Zeit mit Geschäftspartnern. De Geschäftsbeziehungen gewinnen einen höheren Stellenwert als die Liebesbeziehungen, die Freunde und die Familie. 

Beobachten wir unseren Geist genauer, erkennen wir schnell, dass Egoismus nur negative Emotionen wie Eifersucht oder Neid hervorruft und wir uns nicht wohlfühlen. Verbringen wir hingegen ausreichend Zeit mit Menschen, denen wir uns verbunden fühlen, die wir lieben und mit denen wir uns gut verstehen, entspannt sich unser Geist auf natürlciche Weise. Wir fühlen uns gut, und das Anhaften an unser Selbst verringert sich ganz automatisch. Stellen wir uns unseren Geist als eine Waahe vor: Je ausgeglichener unser Geist, desto mehr Glück und Wohlbefinden werden wir erfahren. Je ausgeglichener unser Geist, desto stärker bewegen sich die Waagschalen nach oben oder unten, und wir fühlen uns aufgewühlt, unwohl und leiden. Was wir deshalb brauchen, ist ein ausgeglichener Geist. Denn ist unser Geist stabil, können sich positive Eigenschaften wie Großzügigkeit, Geduld, Weisheit und Mitgefühl kontinuierlich entwickeln und ausdehnen.

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